Beautiful Bauschutt

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Beton zu recyclen schont Ressourcen und Klima, allerdings fehlt es noch an der Akzeptanz. Dies will der Recycling-Spezialist Walter Feeß ändern

Martina Metzner
 

Zwar ist die Recyclingquote von Bauschutt in der Bundesrepublik seit den 1990er Jahren kontinuierlich gestiegen, sodass sie 2018 bei rund 80 Prozent liegt, allerdings werden die daraus gewonnen Sekundärrohstoffe meistens für Anwendungen wie für den Straßenbau oder für Verfüllungen eingesetzt. Erst seit einigen Jahren kommt das Recycling von Beton für den Hochbau in Gang. Angesichts des massiven Verbrauchs und endlicher Verfügung von Rohstoffen eine absolute Notwendigkeit. Das größte Hindernis ist immer noch die Akzeptanz. Denn zugelassen ist der R-Beton längst (R steht für ressourcenschonend). Im Kreislaufwirtschaftsgesetz Paragraph 45 wird sogar die öffentliche Hand aufgefordert, Sekundärrohstoffe zu bevorzugen. 2023 wird außerdem die lang geplante Ersatzbaustoffverordnung in Kraft treten, die Bestimmung für Aufbereitung und Einsatz bundesweit vereinheitlichen. Ein wichtiger Schritt für die Branche. Bild © Feeß

Auch für Walter Feeß in Kirchheim Teck in der Nähe von Stuttgart. Der Betrieb, den es seit 1951 gibt, hat sich seit 2010 auf das Recycling von mineralischen Abfällen (Beton- und Bauschutt) spezialisiert und treibt das Thema auch in der Öffentlichkeit voran. Seit 2017 betreibt Feess ein Kompetenzzentrum für Kreislaufwirtschaft, kurz K3. Neben der Herstellung von über 40 Qualitäts-R-Baustoffen ist der Betrieb selbst durch und durch nachhaltig: 90 Prozent des für die Produktion und Reinigung der Fahrzeuge verwendeten Wasser stammt aus Rückhaltesystemen auf den drei Betriebsgeländen, Photovoltaikanlagen versorgen die Produktion mit Strom, für die Mitarbeitenden stehen E-Bikes und E-Smarts parat. Das Holz für die Heizung wird ebenso aus dem Abbruchmaterial gewonnen. Für sein Engagement hat Feess 2016 den Deutschen Umweltpreis erhalten.

Bild: Auf dem Betriebsgelände von Feess in Kirchheim unter Teck wird Bauschutt wieder aufbereitet. © Feess

„Die Verwertung von mineralischen Bauabfällen muss vor deren Beseitigung stehen,“ sagt Feeß. Er kann in Nullkommanichts aufzählen, welche Vorteile das Recycling bietet. Neben der Schonung von Ressourcen werde durch die regionale Wertschöpfung und die kurzen Transportwege vor allem CO2 gespart, denn bei Frischbeton aus Primärrohstoffen würden Bestandteile wie Zement oder Sand von weit hergeholt. R-Beton sei sogar kostenneutral im Vergleich zum konventionellen Beton und voraussichtlich, wenn die Preise für Primärrohstoffe weiter steigen, bald auch günstiger. Allerdings sind es neben der fehlenden Akzeptanz nur wenige Unternehmen, die Beton recyceln. Doch es werden mehr. Feess arbeitet mittlerweile mit 12 Betonwerken zusammen, allen voran mit dem Schweizer Betonhersteller Holcim. Neben R-Beton hat Holcim 2020 auch einen CO2-reduzierten Beton auf den Markt gebracht. Ein weiterer Beitrag in der Diskussion um Beton als ressourcen- und klimakritischen Baustoff.

Dabei ist das Wieder- und Weiterverwenden von Bauschutt nicht neu. So wurden bereits im alten Rom Ziegelscherben mit Bindemittel zu druckfesten Materialien zusammengefügt. Im Nachkriegsdeutschland hat man die Trümmer massenweise wiederverwendet, davon zeugen heute noch Bau-werke wie das Max Kade-Studierendenwohnheim in Stuttgart aus Bauschuttbeton oder die Fatima-Kirche in Kassel, für die Gottfried Böhm Sichtbeton mit Ziegelbruch verwendet hat. Leider sind die Rezepturen nicht mehr überliefert und würden auch den heutigen Standards nicht mehr entsprechen.

Der Prozess des Beton-Recyclings wird zunehmend verfeinert. Zugelassen sind die aus dem Bauschutt von Beton, Ziegel, Kalksand und Naturstein gewonnen Gesteinskörnungen, die originären Kies oder Bruchsteine als Zuschläge ersetzen und die zwischen 2 und 16 Millimeter groß sein dürfen. Feess löst sie mit Siebanlagen und Brechern aus dem Abbruchmaterial heraus. Betonbrechsand oder Zement dürfen allerdings noch nicht in R-Beton wiederverwendet werden. Das dürfte sich bald ändern, wenn man sich die Forschung anschaut – etwa den EU-Forschungspavillon SeRaMCo in Pirmasens von 2021.

Auch wenn der Recycling-Anteil der Zuschlagstoffe im R-Beton nur bis 45 Prozent sein darf, Walter Feeß ist – auch mit Blick auf die Schweiz – überzeugt, dass auch 100 Prozent möglich wäre. Der R-Beton sei absolut gleichwertig wie Frischbeton, nur die Rezeptur sei etwas anders. Dies bestätigt auch die Forschung, unter anderem das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU). Eine projektbezogene Sonderzulassung ist seit 2018 nicht mehr vonnöten. R-Beton darf nicht in allen Expositionsklassen eingesetzt werden. Je nachdem welchen äußeren Einflüssen der Beton ausgesetzt ist, darf weniger beziehungsweise gar kein Recycling-Anteil enthalten sein.

Bild: Beton mit rezyklierten Zuschlägen sei absolut gleichwertig, so Walter Feeß. © Feeß

Und war es bislang nur die Bodenplatte wie bei den 2010 gebauten Wohnungen im Stuttgarter Osten, sind es zunehmend auch Wände und Decken aus R-Beton so wie im Falle des neu gebauten Campus Rauner in Kirchheim oder der Kreisparkasse in Esslingen. Auch für die Fassade des neuen Werks für selbstfahrende LKWs von Mercedes-Benz in Sindelfingen wurde zu 100 Prozent R-Beton verwendet. Die Firma Feess stand hier beratend zur Seite. Die Mission von Walter Feeß ist aber noch lange nicht zu Ende, um den Kreislauf von Beton zu schließen. „Es geht hier nicht um Walter Feeß, es geht um die Menschheit.“

Bild: Der Anbau Pegasus der Uni Stuttgart wurde mit R-Beton bewerkstelligt. © Ralph Klohs


Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Materialreport 2022 von raumprobe veröffentlicht.

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