Kleines Studio kommt ganz groß raus

Kleines Studio kommt ganz groß raus

Interview mit René Rauls von Studio Komo

So jung Studio Komo auch ist, so breit gefächert ist das Portfolio. Mit Fokus auf ganzheitliche Innenraumkonzepte bestechen die Projekte durch fließende Räume, wunderschön collagierte Materialkompositionen und grafische Innenarchitekturen. Zum INsider 2018 gekürt und spätestens seit den beiden Frame Awards 2020 ist Studio Komo in aller Munde – Zeit Euch einmal näher kennenzulernen.

Euren Projekten ist nicht nur die formale Gestaltungsfreude anzusehen, sondern auch höchste Behutsamkeit in der Materialisierung Eurer Kreationen. Wie definiert sich Euer Materialeinsatz?

Wir sind immer auf der Suche nach einem gewissen Twist. Häufig finden wir diesen im jeweiligen Thema, das wir gerade bearbeiten. Bei einer Pizzeria haben wir z.B. eine Armada an Pizzawendern an die Decke gehangen. Diese geben, einfach wegen Ihrer schieren Menge, die Atmosphäre im Raum an. Haben wir in einem Projekt erstmal einen Aufhänger wie diesen gefunden, dann collagiert sich die restliche Material- und Farbgestaltung schnell dazu. Wir arbeiten hier immer auch mit Varianten um unserem Bauherren Auswahlmöglichkeiten zu bieten. Oftmals gibt es eine Variante die reinhaut, sprich besonders ist und auf den ersten Blick eher ungesehen und ungewohnt daherkommt. Auf dieser Idee aufbauend gibt es dann zumeist auch eine Variante die etwas gediegener daherkommt.

Wie ist der prozentuale Anteil an Materialien, die es vom Entwurf bis in das realisierte Projekt schaffen? Gibt es eine Strategie wie Ihr Eure Kundinnen und Kunden von Euren Vorschlägen überzeugt?

Ach, eine Strategie gibt es eigentlich nicht. Uns ist daran gelegen mit dem Bauherren gemeinsam eine individuelle Lösung zu erarbeiten auf die er alleine nicht gekommen wäre und die für sein individuelles Bauvorhaben ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Oftmals sind die Bauherren auch überrascht was Farbe und Materialität alles bewirken kann. Es hilft natürlich auch eine Entscheidungsvorlage zu erarbeiten. Unsere 3D Darstellungen können dabei helfen eine Entscheidung, gerade wenn es um Material oder Farbe geht, abzusichern.

Studio Komo - Urban SpaceS 42_komp.jpg

Gibt es projektbezogene Materialerfahrungen, die Ihr Euren Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg geben möchtet?

Wir haben zuletzt in einem Projekt mit einem Atrium gekämpft, bei dem es besondere Anforderungen an den Brandschutz gab. Da es sich um einen Fluchtweg handeltek, war die Anforderung A1. Trotz dieser Bedingungen ist es uns gelungen, dem Raum Aufenthaltsqualität zu verleihen, was zunächst unlösbar schien. Sitzbänke haben wir einfach aus Stein ausgeführt, die Heizung darunter sorgt für angenehme Wärme. Verkleidungen sind aus Gipsfaserplatten und eine Flanke des Atriums wurde komplett verspiegelt. Oftmals sind es Einschränkungen oder Bedingungen wie diese, die uns zu neuen Materialen, Herangehensweisen oder Verarbeitungsverfahren führen.

Nach welchen Kriterien werden bei Euch Materialien ausgesucht?

Nach Spaß und Individualität. Einmal haben wir in einem Projekt Beetbegrenzungssteine als Wandverkleidung eingesetzt. Das geht natürlich nicht immer und ist abhängig vom jeweiligen Projekt, aber da wo es möglich ist, versuchen wir die Grenzen konventioneller Gestaltung zu verschieben.

Holistische Gestaltung ist aus unserer Sicht eine Eurer Kernkompetenzen. Wo seht Ihr selbst Eure Stärken?

Unsere Stärken liegen darin, eine individuelle Lösung zu erarbeiten und nicht einfach nur irgendeine Planung. Unser Tun ist immer auch ein Hineindenken in die Abläufe, Strukturen und Gegebenheiten unserer Bauherren, oft begleitet durch intensive vorausgehende Gespräche oder gar Teamworkshops. Das Ergebnis findet somit auch mehr Anklang bei allen Beteiligten, weil wir den Nutzer frühzeitig mit ins Boot nehmen. Und ja, ganzheitlich macht uns einfach am Meisten Spaß. Zu unseren Innenarchitekturplanungen gehören vielerlei Disziplinen, die wir gerne mitandenken. Grafik und Begrünung beispielsweise sind bei uns beide ein Must.

Studio Komo - Büffel & Bier1825_komp.jpg

Wie wichtig ist für Euch der Materialeinsatz von Farbe?

Extrem wichtig. Wenn Sie einem Bauherren ein Konzept vorschlagen das in Senf-, Bier- und Fleischtönen seine Berechtigung findet, dann handelt man sich erstmal ein Stirnrundeln ein. Unsere Erklärungen führen dann oft zu einem kurzen Moment der Stille bevor es zumeist mit Begeisterung weitergeht. Aber gerade Konzepte wie diese zeigen: Wir sind mit voller Entwicklermentalität dabei und bringen uns ein. Richtig spannend wird es aber wenn man Farbe, Oberflächen und unterschiedliche Haptiken miteinander kombiniert. Das kann dann auch sehr spannend sein, wenn die Farbe immer die Gleiche ist.

Als Boutique Agentur arbeitet Ihr an zeitgemäßen Lösungen. Wagen wir einen in Blick nach vorne ? Wo geht Eurer Meinung nach die Reise in Bezug auf Materialien in Innenarchitektur und Architektur hin?

Ach das wäre schön wenn wir in die Zukunft blicken könnten (lacht). Nein, Spaß bei Seite. Wir denken unsere Zeit verlangt nach innovativen Materialien, die beispielsweise Recycling überflüssig machen. Es gibt tolle Ansätze Holzwerkstoffe durch Celluloseplatten zu ersetzen. Diese könnte man dann nach einem temporären Einsatz kompostieren. Das sind natürlich noch Visionen, die aber dennoch super spannend sind. Anderswo finden Baustellenabfälle Wiederverwendung als Alternative zu konventionellen Terrazzoplatten, was zwar ein Recycling ist, aber wiederrum Ressourcen einspart. Grundsätzlich sind wir der Meinung: Innenarchitektur und Architektur brauchen Qualität, dann überdauern sie die Zeit. Ist sie in Design, Ausführung und Materialität gegeben, wird sie auch nicht weggeworfen oder abgerissen.

Material, das Ihr braucht:

Ich brauche jeden Morgen einen Kaffeefilter, ohne ihn gibt es bei uns keinen Kaffee.



Material, das euch bewegt:

Honext basiert auf der Idee des Kaffeefilters und ist ebenfalls aus Cellulose. Man kann es als Plattenmaterial einsetzten.



Material, von dem Ihr träumt:

Noch mehr Materialien auf Cellulosebasis. Ach übrigens … der Kaffeefilter wurde 1908 erfunden. Unglaublich, dass die Transferleistung, dieses Prinzips auch woanders einzusetzen, mehr als 100 Jahre gebraucht hat.





Die mehrfach ausgezeichnete Design-Agentur Studio Komo aus dem Stuttgarter Süden schafft seit 2012 atmosphärische Innenräume in Abstimmung auf individuelle Bedürfnisse. Ob Gastronomie, Messebau, Retail oder Office, Studio Komo schafft in allen Bereichen ein aussagekräftiges, modernes und materialreiches Gesamtbild. Durch die interdisziplinäre Arbeitsweise entstehen stets neue und spannende Kombinationen von Farben und Formen. Bilder © Philip Kottlorz



Die Personen dahinter sind: Moritz Köhler & Rene Rauls


Die Produkte: Die individuelle Lösung und nicht irgendeine Planung




Studio Komo

Böheimstrasse 87a
70199 Stuttgart
Deutschland

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