Magazin — raumprobe

Objekte zum Strahlen bringen

Interview mit Markus Benz von Walter Knoll

Von den Anfängen mit Leder, hin zu Polstermöbeln aus Leder und Stoff – Walter Knoll kann auf eine über 150-jährige und sehr erfolgreiche Geschichte zurückblicken. Einst in der Nachbarschaft von raumprobe in Feuerbach ansässig wirkt das weltweit agierende Unternehmen heute aus dem schönen Herrenberg bei Stuttgart heraus. Neben hochwertigen Sitzmöbeln umfasst die Kollektion Produkte für Wohnen, Arbeiten und öffentliche Räume. Walter Knoll agiert mittlerweile weltweit – auch bei raumprobe können einige dieser Produkte bestaunt und erlebt werden. Darüber hinaus arbeiten wir auch in Sachen Materialkompetenz mit dem renommierten Unternehmen zusammen und geben in gemeinsamen Workshops Materialwissen weiter. Kommen Sie nach dieser Lektüre gerne vorbei und schauen Sie sich die Produkte live und in Farbe an. Sie sind herzlich eingeladen!

„Das beste Material ist das, was wir nicht verwenden.“ Provokante These, was steckt dahinter?

Wenn wir Nachhaltigkeit ernst nehmen, kommen wir nicht darum herum, uns Gedanken zu machen, was wir wirklich brauchen und damit, was wir weglassen können. Wir orientieren uns da bis heute an den visionären Prinzipien des Bauhaus: minimaler Materialeinsatz in exzellenter Handarbeit. Uns ist es wichtig, beste Materialien zu verwenden, die langlebig und umweltverträglich sind. Ihren Einsatz reduzieren wir auf das Notwendige – minimal und sinnvoll.

Habt Ihr bestimmte Regeln, was den Umgang mit Materialien angeht, um Eure Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?

An erster Stelle steht natürlich die Vermeidung und an zweiter der minimale Einsatz – auch in der Konstruktion. Wir wollen zudem vermehrt Recycling-Materialien einsetzen. Grundsätzlich streben wir eine lange Lebensdauer an. In Sachen Haltbarkeit, aber auch Ästhetik. Nur, was zeitlos ist, bleibt. Daher setzen wir bewusst Material so ein, dass es Schönheit hervorbringt – etwas, das uns gefällt. Aufgeladen wird es durch den handwerklichen Touch, Material kommt erst zur Geltung, wenn es in aller Feinheit verarbeitet wird. Am Ende eines langen Lebens folgt dann die Rückführung in den Recycling-Kreislauf. Die können wir erleichtern, wenn die Bauteile unserer Möbel leicht trennbar sind.

Auf die Schönheit würden wir gerne genauer eingehen. Um was geht es Euch? Was macht die Walter Knoll Ästhetik aus?

Für mich hat Gestaltung den Zweck, ein Objekt zum Strahlen zu bringen. Es geht darum, die ganze Schönheit zu entfalten. Walter Knoll ist in der Lage, vielfältige Materialien zur Wirkung zu bringen. Das kann mit ganz verschiedenen Oberflächen gelingen. Ich denke hier an unseren Tisch Joco Stone, er hat ein ganz minimales Gestell. Es ist die Konstruktion, die Festigkeit bringt. Wir verwenden nur einen dünnen Stahldraht für diesen Tisch und darauf kommt eine wunderschöne, natürliche Steinplatte. Das fasziniert mich total, wie etwas so minimal und dabei so hochästhetisch sein kann.

Welche Kriterien zieht Ihr bei der Materialwahl in Betracht?

Wir beschäftigen uns mit der Wirkung von Material. Natürliche Materialien wirken selbstverständlich. Und sie haben eine lange Lebensdauer. Auch diese Prinzipien sind seit der Moderne in unserer DNA. Heute ist es so, dass wir überlegen, ob wir mit Recycling eine Verbesserung des Prozesses erreichen können, etwa für unsere Stühle. Die beste Qualität haben für uns Recycling-Materialien aus der Post-Produktion. Denn bei der Materialwahl spielt bei uns auch die Haltbarkeit und damit die Sicherheit, die ein Material mitbringt, eine große Rolle. Wir befinden uns hier in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess: Gibt es neue Gewebe, mit denen wir konventionellen Schaum vermeiden können?

Wie sieht bei Euch die Recherche nach neuen Materialien aus?

Wir befinden uns eigentlich in einem kontinuierlichen Research. Natürlich gibt es gewisse Vorgaben, die wir bei der Entwicklung einbeziehen. Aber es geht für mich auch stark um die Neugierde, etwas Neues zu finden. Sei es auf Messen, auf Reisen, beim Window Shopping oder schlicht und einfach aus Zufall. Neues entsteht aus Kreativität. Und einem großen Interesse an neuen Materialien.

Verfolgt Ihr eine bestimmte Material-Philosophie bei Walter Knoll?

In Sachen Material steht bei uns die Natürlichkeit über allem. Das hängt für mich eng mit dem eigenen Selbstverständnis zusammen. Das Eigentliche, das Wesentliche tut uns als Menschen gut. Nichts Aufgesetztes. Alle unsere Farben, Formen und Materialien haben ihren Ursprung in der Natur. Natürlichkeit ist unser Leitfaden. Wir nennen das Natural Elegance: kultivierte, harmonische Farben, Formen und Texturen – inspiriert aus der Natur. So gelingt es uns, dass alles optimal miteinander kombiniert werden kann. Und das kommt gut an!

Euer Team hat eine eigene digitale Materialbibliothek entwickelt. Was können Interessierte dort erfahren?

Wir wollten ins Digitale bringen, was sonst nur bei einem Termin vor Ort erlebt werden kann. Wir arbeiten eng mit Architektur- und Interior Designschaffenden zusammen, die eigentlich konstant auf der Suche nach geeigneten Materialien für ihre Projekte sind. Die interaktive Datenbank erleichtert die Suche, sie bildet die komplette Walter Knoll Materialwelt ab. Sie finden dort alle Qualitäten, Farbnuancen und relevanten Infos zu unseren Ledern, Stoffen, Hölzern, Steinen und weiteren Oberflächen. Alle bekommen ein gutes Gefühl für die Haptik und Optik – obwohl wir es virtuell ist!

Bei Euren handgeknüpften Teppichen zeigt sich, dass die Expertise nicht bei Leder oder Holz aufhört, sondern auch Textil umfasst. Was hat es mit Legends of Carpets auf sich?

Alle Teppiche sind konsequent aus natürlichen Fasern wie Seide, Wolle oder Brennnessel, hergestellt. Inspiriert von den Landschaften und Farben Afrikas, basieren sie auf abstrakten Bildern, die dann in Teppichdesigns übersetzt werden. Jeder Teppich ist ein Unikat und wird von Hand hergestellt. Noch etwas, das uns antreibt, zeitloses Design in die Welt zu bringen, und zwar: um die Arbeit zu schützen. Aus Respekt vor der Arbeitszeit der Menschen, die die Teppiche herstellen. Ganz ehrlich: nicht zeitlose Motive sind fatal. Es ist schädlich für das beste Produkt, wenn es gestalterisch nicht zeitlos ist.

Beim Entwerfen eurer Produkte arbeitet Ihr mit namhaften Gestaltenden aus Architektur und Design zusammen – in unserer eigenen Ausstellung haben wir das sehr schöne von Norman Foster entworfene Sofa Foster 500 stehen – wie kommt es zu diesen Kollaborationen? Wann passen Designschaffende zu Walter Knoll?

Wenn sie die gleichen Werte haben wie wir! Denn sie setzen unsere Werte und unsere DNA in Produkte um. Nicht nur unsere Möbel sollen lang halten, wir pflegen auch zu den Menschen lange Beziehungen. Die Zusammenarbeit zwischen Lord Norman Foster und Walter Knoll hat damals mit der Neugestaltung des Berliner Reichstags Mitte der 1990er Jahre angefangen. Und hat bis heute Bedeutung. Nur ein Beispiel, weil es gerade so schön passt: 1999 haben wir den Bundestag mit unseren Möbeln ausgestattet. 2015 gab es eine Revitalisierung und wir haben viele Möbel neu bezogen. Heute wird der Bundestag immer größer, also brauchen die abgeordnete Personen neue Möbel. Passend zu den bestehenden Möbeln, liefern wir Modelle der gleichen Designs wie damals. Wenn das mal nicht gelebte Nachhaltigkeit ist!

Bild rechts: Die Walter Knoll Lounge bei raumprobe © raumprobe

Material, das Ihr braucht:

Angefangen hat alles mit Leder, wir verarbeiten seit über 150 Jahren Leder. Jedes unserer Leder ist ein Unikat. Unsere Sattelleder gehören zu den besten der Welt.

Material, das Euch bewegt:

Pre & Post Consuming Materials, denn sie sind ethisch und ökologisch sinnvoll.

Material, von dem Ihr träumt:

Die perfekte Fusion aus ökologischen und Komfort-Aspekten.

„Alles, was wir unternehmen, muss sich auch morgen als sinnvoll erweisen.“ So lautet das Credo des Familienunternehmens aus Herrenberg. Nachhaltigkeit ist für Walter Knoll eine Frage der Haltung, sie zieht sich als zentraler Maßstab durch alle Unternehmensbereiche.

raumprobe x Walter Knoll
Auch bei raumprobe können Sie einige Möbel von Walter Knoll erleben. Sie sind herzlich eingeladen, bei uns vorbeizukommen und sich die Produkte live anzuschauen! Wir arbeiten darüber hinaus in Sachen Materialkompetenz zusammen und geben in gemeinsamen Workshops Materialwissen weiter.

Bild rechts: Markus Benz, CEO Walter Knoll © Sascha Hauk